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Kein Arbeitsunfall bei Häufung betrieblich bedingter psychischer Belastungen über längeren Zeitraum

Datum: 17.07.2014

Kurzbeschreibung:  

Der am 19.03.19xx geborene Kläger war bis zum Beginn des Bezugs von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung viele Jahre lang bei der Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg beschäftigt, zunächst als Straßenunterhaltungsarbeiter im Außendienst und ab Oktober 2001 als Verwaltungsangestellter im Innendienst. Nach dem wiederholten Auftreten zahlreicher und schwerwiegender Fehler bei der Durchführung seiner Tätigkeit ab etwa Mitte des Jahres 2008 ordnete der Arbeitgeber - den Angaben des Klägers zu Folge am 19.03.2009 - dessen Umsetzung als Straßenwärter im Außendienst ab dem 01.04.2009 an. Die vom Kläger deswegen zum Arbeitsgericht K. erhobene Klage mit dem (Haupt-)Ziel, ihn zu unveränderten Bedingungen entsprechend der bisherigen Ausgestaltung des Arbeitsplatzes mit den Aufgaben eines Verwaltungsangestellten zu beschäftigen, blieb erfolglos. Die dagegen erhobene Berufung wies das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) zurück. 

Im August 2013 stellte der Kläger bei dem beklagten Unfallversicherungsträger den Antrag, ein Ereignis vom 19.03.2009 als Arbeitsunfall und als dessen Folge eine dissoziative Bewegungsstörung des rechten Schultergelenks mit Bewegungseinschränkung anzuerkennen. Diese Gesundheitsstörung führte er auf erhebliche psychische Belastungen aufgrund des Personalgesprächs am 19.03.2009 zurück. Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, nach dem Urteil des LAG hätten sich die Schwierigkeiten aufgrund des Arbeitsverhältnisses des Klägers, die im März 2009 in seiner Versetzung vom Innen- in den Streckendienst gemündet hätten, über einen Zeitraum von rund elf Monaten entwickelt. Vor dem als Unfallereignis angeschuldigten Gespräch habe ihn sein Arbeitgeber bei mehreren Personalgesprächen wiederholt auf Missstände in seiner Arbeitsweise hingewiesen und ihm auch zweimal, zuletzt noch im März 2009, die Versetzung angedroht. Deshalb sei die vom Arbeitgeber zuletzt auch ausgesprochene Versetzung in den Außendienst kein plötzliches und unerwartetes Ereignis und deshalb kein Arbeitsunfall. Auch die Gesamtheit mehrerer belastender Einwirkungen über einen längeren Zeitraum stelle keinen Arbeitsunfall im Rechtssinne dar. 

Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg: Zwar komme die Annahme einer schädigenden Einwirkung im Sinne des Unfallbegriffs in der gesetzlichen Unfallversicherung auch bei psychischen Belastungen aufgrund betriebsbedingter Umstände in Betracht, allerdings grds. nur dann, wenn diese höchstens innerhalb einer Arbeitsschicht erfolgt seien. Bei einer Häufung von Einwirkungen, die nicht auf eine Arbeitsschicht begrenzt seien und erst in ihrer Summierung einen Gesundheitserstschaden bewirkt hätten, sei ein Arbeitsunfall dagegen zu verneinen. Im Fall des Klägers sei bereits eine psychische Einwirkung am 19.03.2009 nicht erwiesen. Denn die Anordnung der Versetzung vom Innen- in den Außendienst sei nachweislich erst zu einem späteren Zeitpunkt im Verlauf des Monats März 2009 erfolgt. Auch stehe aufgrund der glaubhaften Bekundungen der vom LAG gehörten Zeugen fest, dass sich die arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen, die letztlich in der Umsetzung des Klägers mündeten, über einen Zeitraum von mehreren Monaten entwickelt hätten. Innerhalb dieser Zeitspanne hätten wiederholt Personalgespräche mit dem Kläger stattgefunden und habe ihm sein Arbeitgeber jedenfalls bei zwei dieser Gespräche, zuletzt am 17.03.2009, die Versetzung in den Außendienst angedroht. Deshalb stelle die im Anschluss an einen weiteren Vorfall noch im März 2009 dann auch angeordnete Versetzung weder objektiv noch subjektiv ein plötzliches und unerwartetes Ereignis im Sinne des Unfallbegriffs dar, sondern das Ergebnis einer sich über mehrere Monate hinziehenden und absehbaren arbeitsrechtlichen Entwicklung. Zu Recht habe deshalb die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls versagt (Urteil der 1. Kammer des SG Karlsruhe vom 17.07.2014 - S 1 U 369/14 -).

 



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