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Kein Anspruch auf Entschädigung des Zeitaufwands eines Sachverständiger für Literaturstudium

Datum: 24.03.2010

Kurzbeschreibung: 

Im Hauptsacheverfahren, in dem die Feststellung des Grades der Behinderung im Sinne des SGB IX umstritten war, erstattete der Antragsteller ein medizinisches Sachverständigengutachten. Hierfür machte er eine Entschädigung von rund 1.325,-- € geltend; dabei legte er u.a. einen Zeitaufwand von 17 Stunden, davon eine Stunde für Literaturstudium, zu Grunde. Der Kostenbeamte setzte die Entschädigung nach Prüfung der Abrechnungsunterlagen auf rund 897,-- € fest und ging von einem für die Gutachtenserstellung erforderlichen Zeitaufwand von 11 Stunden aus.

Auf den Festsetzungsantrag des Antragstellers hat die 1. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe - im Ergebnis - die Entscheidung des Kostenbeamten bestätigt: Nach den Bestimmungen des JVEG orientiere sich die Anzahl der zu vergütenden Stunden nicht danach, wie viele Stunden der Sachverständige zur Erstattung des Gutachtens aufgewandt habe, sondern daran, wie viele Stunden insoweit objektiv tatsächlich erforderlich gewesen seien. Diesen Maßstab habe der Antragsteller in seinem Entschädigungsantrag nicht beachtet. Objektiv erforderlich in diesem Sinne seien unter Beachtung der Plausibilitätskriterien des Kostensenats des LSG Baden-Württemberg lediglich 11 Stunden gewesen.

Keine Entschädigung eines zusätzlichen Zeitaufwands könne der Antragsteller für die Beschaffung, Durchsicht und Bewertung nationaler und internationaler Fachliteratur beanspruchen. Da jeder Sachverständige sich über die in der Fachliteratur seines Tätigkeitsbereiches vertretenen Auffassungen und mitgeteilten neuen Erkenntnisse auf dem Laufenden halten müsse, gehöre der damit verbundene Zeitaufwand nicht zu der erstattungsfähigen „erforderlichen Zeit“ im Sinne des § 8 Abs. 2 JVEG. Die Kenntnis der einschlägigen, für die Erstellung des Gutachtens, insbesondere für die Beantwortung der Beweisfragen erforderlichen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse und Lehrmeinungen werde nach Sinn und Zweck des Sachverständigenbeweises vom Sachverständigen gerade vorausgesetzt. Für eine Entschädigung des Zeitaufwands, den der Sachverständige benötige, um sich diese Kenntnisse ggf. erst anzueignen oder diese aufzufrischen oder zu vertiefen, enthalte das JVEG keine Rechtsgrundlage. Die für das Beschaffen und die Auswertung einschlägiger Fachliteratur entstehenden Aufwendungen, auch die aufgewandte Zeit, gehörten vielmehr zu den allgemeinen Unkosten eines gerichtlichen Sachverständigen, die er nicht als Spezialunkosten eines Gutachtens in Rechnung stellen könne. Deshalb könne allenfalls in besonders gelagerten Einzelfällen das Studium außergewöhnlicher Fachliteratur Berücksichtigung finden. Eine solche außergewöhnliche Situation sei im Hauptsacheverfahren jedoch auch nicht mit Blick auf die vom Antragsteller diagnostizierten Gesundheitsstörungen der Klägerin gegeben. Denn für Feststellungen im Sinne des SGB IX komme es weder auf die Ursache einer Erkrankung noch deren künftige Entwicklung noch eventuelle Therapieerfordernisse an. Maßgebend für die Feststellung des Grades der Behinderung seien vielmehr die durch die Gesundheitsstörung bedingten Funktionsbeeinträchtigungen bzw. Funktionsausfällen in allen Lebensbereichen, mithin die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionseinschränkung auf Grund eines Gesundheitsschadens (Beschluss vom 24.03.2010 - S 1 KO 1092/10 - ).

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