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Keine Sozialhilfe bei möglichem - auch vorzeitigem - Rentenbezug

Datum: 22.07.2010

Kurzbeschreibung: 

Die Gewährung von Hilfeleistungen zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel SGB XII steht unter dem allgemeinen Vorbehalt der Hilfebedürftigkeit des Hilfesuchenden und der fehlenden Möglichkeit, sich selbst zu helfen (so genannter Nachranggrundsatz). Denn die Sozialhilfe ist eine subsidiäre Hilfe. Wer sich selbst helfen kann oder Hilfe von anderen erhält, hat keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Deshalb erhält nur derjenige steuerfinanzierte Sozialhilfeleistungen, der sich vergeblich um die Eigensicherung bemüht hat. Sich selbst helfen im Sinne des SGB XII bedeutet, dass der geltend gemachte Bedarf ohne die Leistungen der Sozialhilfe rechtzeitig gedeckt werden kann. Es bedeutet weiter, dass dies in zumutbarer Weise geschieht. Die hilfesuchende Person darf deshalb nicht etwa darauf verwiesen werden, sich auf nicht menschenwürdige Weise notwendige Mittel zu verschaffen. Zur Selbsthilfe ist der Hilfesuchende u.a. dann in der Lage, wenn er Ansprüche gegen einen Dritten hat und diese Ansprüche alsbald realisieren kann.

Der Nachranggrundsatz ist ein auch den Hilfesuchenden bindendes Gebot der Selbsthilfe. Es steht deshalb nicht in seinem Belieben, zwischen der Selbsthilfe und der Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen zu wählen. Maßgebend für die Ablehnung von Sozialhilfe ist daher nicht, ob der Hilfesuchende von der Selbsthilfemöglichkeit auch tatsächlich Gebrauch macht. Vielmehr muss der Hilfesuchende zunächst alle Möglichkeiten der Selbsthilfe ausschöpfen. Unterlässt der Hilfesuchende dies, muss er sich bei der Festsetzung der Sozialhilfe so behandeln lassen, als ob er die Selbsthilfemöglichkeit tatsächlich genutzt hätte. Für die Versagung von Sozialhilfe reicht es mithin aus, dass eine Selbsthilfemöglichkeit besteht.

Zu den Selbsthilfemöglichkeiten eines Hilfesuchenden gehört es auch, z.B. einen Erfolg versprechenden Rentenantrag zu stellen. Dabei muss der Hilfesuchende auch eine Rentenkürzung - hier: 10,8% - wegen der Inanspruchnahme der Rente bereits vor dem Erreichen des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Renteneintrittsalters hinnehmen, sofern der Rentenzahlbetrag seinen sozialhilferechtlichen Bedarf übersteigt (Beschluss vom 22.07.2010 - S 1 SO 2924/10 ER -).

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