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Keine Erstattung außergerichtlicher Kosten einer Untätigkeitsklage, wenn deren Erhebung sich als bloße Ausnutzung einer formalen Rechtsposition darstellt.

Datum: 06.05.2011

Kurzbeschreibung: 

Zwischen den Beteiligten war umstritten, ob der Beklagte dem Kläger außergerichtliche Kosten für die Erhebung einer Untätigkeitsklage zu erstatten hat.

Der Beklagte hatte den Grad der Behinderung des Klägers ab dem 14.06.2010 auf 40 festgesetzt. Dagegen erhob der Kläger am 15.07.2010 Widerspruch, den er mit weiterem Schriftsatz vom 23.08.2010 unter Vorlage medizinischer Unterlagen begründete und die Festsetzung des GdB mit 50 begehrte. Der Beklagte bat hierzu seinen versorgungsärztlichen Dienst um Abgabe einer Stellungnahme. Auf die am 01.10.2010 eingegangene Sachstandsanfrage teilte der Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04.10.2010 mit, die Verwaltungsakte befinde sich derzeit bei seinem ärztlichen Dienst zur abschließenden Stellungnahme. Auf Anregung des Versorgungsarztes leitete der Beklagte nachfolgend weitere medizinische Sachaufklärung ein, ohne den Kläger oder seine Prozessbevollmächtigten hierüber erneut zu informieren.

Am 01.12.2010 erhob der Kläger Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Karlsruhe.

Nach Vorlage der angeforderten medizinischen Unterlagen gestützt auf eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme gab der Beklagte dem Widerspruch des Klägers statt (Bescheid vom 08.02.2011).

Dieser hat daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und zugleich beantragt, den Beklagten zu verpflichten, seine außergerichtlichen Kosten der Untätigkeitsklage zu erstatten.

Dieser Antrag ist erfolglos geblieben.

Zwar habe der Beklagte bei einer - wie hier - zulässigen Untätigkeitsklage unter alleiniger Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips regelmäßig auch die außergerichtlichen Kosten zu erstatten, weil der Kläger mit einer Bescheiderteilung innerhalb der gesetzlichen Sperrfrist von 3 Monaten habe rechnen dürfen. Anders sei aber dann zu entscheiden, wenn der Kläger bereits im Zeitpunkt der Erhebung der Untätigkeitsklage habe erkennen können, dass seine Klage unbegründet sei, weil ein zureichender Grund für die Untätigkeit vorgelegen habe und die Behörde die sachlichen Gründe, die die Entscheidung verzögerten, dem Kläger mitgeteilt habe oder ihm diese Gründe bekannt sonst gewesen seien. Ein solcher sachlicher Grund für die unterbliebene Entscheidung über den Widerspruch innerhalb der 3-Monats-Frist habe hier vorgelegen. Hierüber habe der Beklagte den Kläger über seine Prozessbevollmächtigten auch mit Schreiben vom 04.10.2010 informiert. Ihm könne es im Rahmen einer Untätigkeitsklage nicht als sachwidrig und damit als Veranlassung der Klageerhebung entgegengehalten werden, wenn er sich aufgrund einer tatsächlichen oder nur vermeintlichen Unvollständigkeit der zur Begründung des Widerspruchsbegehrens vorgelegten medizinischen Unterlagen und zudem gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme dazu entschließe, vor einer abschließenden Sachentscheidung weitere Unterlagen bei den behandelnden Ärzten anzufordern, ohne dies dem Kläger oder seinen Prozessbevollmächtigten erneut mitzuteilen. Zwar sei ein Kläger grundsätzlich nicht gehalten, vor Erhebung einer Untätigkeitsklage beim Beklagten nach dem Sachstand des Widerspruchsverfahrens zu fragen. Andererseits habe im konkreten Fall der Kläger nach den seinen Prozessbevollmächtigten bekannten Umständen am 01.12.2010 noch nicht mit einer abschließenden Entscheidung über seinen Widerspruch rechnen können. Denn ihm seien die schon lange Jahre andauernden personellen Schwierigkeiten des Beklagten im Bereich seines versorgungsärztlichen Dienstes hinlänglich bekannt. Dem Kläger sei es deshalb zuzumuten gewesen, sich vor Erhebung der Untätigkeitsklage zunächst nochmals an den Beklagten zu wenden. Die ohne eine solche weitere Nachfrage erhobene Untätigkeitsklage stelle sich damit als bloßes Ausnutzen einer formalen Rechtsposition dar, die unter Berücksichtigung des auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben kein Kostenerstattungspflicht des Beklagten auslösen könne (Beschluss vom 06.05.2011 - S 1 SB 5088/10 -).

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