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Anspruch auf Erziehungsrente gem. § 47 Abs. 1 SGB 6 - Verfassungsmäßigkeit der Ungleichbehandlung von geschiedenen Ehegatten und getrennten Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft - keine mittelbare oder unmittelbare Benachteiligung unehelicher Kinder

Datum: 19.11.2014

Kurzbeschreibung: 

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erziehungsrente hat. Die Klägerin ist die Mutter des D. S. und der J. S. Sie ist ledig und war weder mit D´s Vater noch mit dem Vater von J. verheiratet. Am 06.01.2008 ist der Vater von D. verstorben. Deswegen beantragte die Klägerin am 26.08.2008 bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV) eine Erziehungsrente. Die Erziehungsrente wurde abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen nicht, da sie mit dem Verstorbenen nicht verheiratet gewesen sei und somit keine Scheidung erfolgt sei. Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie vor, es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 6 Grundgesetz (GG) vor. Eheliche Kinder seien nichtehelichen Kindern insoweit gleichzustellen. § 47 Abs. 1 SGB VI sei insoweit verfassungswidrig.

 

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Klägerin war nicht mit dem verstorbenen verheiratet, dementsprechend kam es auch nicht zu einer Ehescheidung. Die persönlichen Voraussetzungen aus § 47 Abs.1 SGB VI sind mithin nicht erfüllt. Deswegen besteht kein Anspruch auf die begehrte Erziehungsrente. Ein Verfassungsverstoß liegt nicht vor. Es liegt keine Ungleichbehandlung von unehelichen gegenüber ehelichen Kindern vor. Lediglich diejenigen Elternteile nichtehelicher Kinder, die niemals verheiratet gewesen sind, können nicht in den Kreis der Anspruchsberechtigten einer Erziehungsrente kommen. Bereits der Wortlaut des § 47 Abs. 1 SGB VI nimmt keine Differenzierung nach dem Status des Kindes als ehelich oder unehelich vor. Voraussetzung ist lediglich, dass ein eigenes Kind oder ein Kind des geschiedenen (verstorbenen) Ehegatten erzogen wird. Im Übrigen haben die Kinder unabhängig von ihrem Status als eheliche oder uneheliche Kinder einen eigenen Anspruch aus der Versicherung des Verstorbenen gemäß § 48 Abs. 1 SGB VI. Eine finanzielle Absicherung ist mithin in jedem Fall gewährleistet.

Zwar werden alleinerziehende geschiedene Mütter gegenüber alleinerziehenden Müttern, die nicht verheiratet gewesen sind durch die Vorschrift des § 47 Abs. 1 SGB VI bevorzugt, mithin liegt eine Ungleichbehandlung von wesentlich gleichem vor. Diese Differenzierung ist aber gerade vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber durch das Grundgesetz gehalten ist, die Ehe besonders zu schützen, gerechtfertigt. Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft kann nicht mit der in der rechtlichen Form geschlossenen bürgerlich-rechtlichen Ehe gleichgestellt werden. Zwar zeichnet sich eine solche Gemeinschaft ebenfalls durch innere Bindungen und gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander aus. Wesentliches Merkmal ist aber im Gegensatz zur Ehe die fehlende umfassende Rechtsverbindlichkeit und die Möglichkeit der jederzeitigen Beendigung der Partnerschaft ohne Einhaltung bestimmter Voraussetzungen. Auch das BVerfG hat dem Gesetzgeber grundsätzlich zugestanden, dass die Ehe aufgrund ihres verfassungsrechtlichen Schutzes gegenüber anderen Lebensformen begünstigt werden darf. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, jegliche Form des Zusammenlebens zu schützen und abzusichern. Der verfassungsrechtliche Auftrag beschränkt sich auf den Schutz der Ehe im Sinne des BGB. Dies rechtfertigt es, die Ehe gegenüber freien ungleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften zu privilegieren. § 47 Abs. 1 SGB VI verstößt mithin nicht gegen die Verfassung.

Eine andere Beurteilung würde im Umkehrschluss zu einer Besserstellung der ungleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft führen. Auf der einen Seite könnte man nach Belieben die rechtlichen Vorteile in Anspruch nehmen, auf der anderen Seite hätte man aber nicht die mit der Ehe einhergehenden rechtlichen Nachteile zu befürchten. (Urteil vom 19.11.2014, Az. S 12 R 4487/12)

 

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