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Belastungsgrenze für Zuzahlungen in der GKV bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft nicht nach § 62 Abs. 2 SGB V zu berechnen.

Datum: 28.11.2019

Kurzbeschreibung:   

Die Klägerin begehrt die Festsetzung einer niedrigeren Belastungsgrenze für Zuzahlungen zu Leistungen der GKV im Jahr 2016. Die über eigenes Einkommen verfügende Klägerin lebt mit ihrem erwerbsunfähigen, einkommenslosen Partner in nichtehelicher Lebensgemein-schaft. Die beklagte Krankenkasse hat die Belastungsgrenze der Klägerin für das Jahr 2016 nur auf der Grundlage von deren eigenem Einkommen berechnet (§ 62 Abs. 1 SGB V). Die Klägerin begehrt hingegen eine – für sie günstigere – Berechnung unter Zugrundelegung des sog. Familiengesamteinkommens nach § 62 Abs. 2 SGB V, wonach für alle Haushaltsmit-glieder eine einheitliche Belastungsgrenze auf der Grundlage des insgesamt verfügbaren Ein-kommens zu bilden ist, auf die zugleich die Zuzahlungen aller Haushaltsmitglieder angerech-net werden. Die Beklagte lehnt dies ab, weil die Regelung des § 62 Abs. 2 SGB V nur auf Eheleute und eingetragene Lebenspartner anwendbar sei.

Die Klage vor der 6. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe hatte keinen Erfolg.

Der Anwendungsbereich von § 62 Abs. 2 SGB V sei nach dem Wortlaut auf Ehe-leute und eingetragene Lebenspartner begrenzt. Dies sei auch mit dem allgemeinen Gleich-heitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar. Die Vorschrift des § 62 Abs. 2 SGB V knüpfe ge-danklich daran an, dass unter Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern gesetzliche Un-terhaltspflichten bestünden, die eine gleichmäßige Einkommensverteilung gewährleisteten. In nichtehelichen Lebensgemeinschaften bestünden jedoch keine einklagbaren Einstandspflich-ten. Es bestünden dort auch keine zumindest unterhaltsähnlichen Pflichten, wenn – wie vor-liegend – die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine sozialhilferechtliche Be-darfsgemeinschaft bildeten. Denn den wirtschaftlich leistungsfähigen Partner treffe keine Rechtspflicht zur Versorgung des anderen. Seine Weigerung zur Versorgung des bedürftigen Partners habe auch nicht automatisch zur Folge, dass der Sozialhilfeträger vorläufig Leis-tungen erbringe und ihn in der Folge in Regress nehme. Im Übrigen wirke sich die Regelung des § 62 Abs. 2 SGB V für Eheleute nicht nur positiv aus. Nachteilig sei sie etwa, wenn ein gesetzlich Versicherter mit einem Privatversicherten mit hohem Einkommen verheiratet sei, denn die Belastungsgrenze des gesetzlich versicherten Ehepartners sei dann ebenfalls nach dem Einkommen beider Eheleute zu bestimmen, obwohl Aufwendungen des privatversicher-ten Partners (z.B. Beihilfe-Eigenanteile) nicht auf die Gesamt-Belastungsgrenze anrechenbar seien.

Urteil vom 20.09.2019 – S 6 KR 3579/17 (nicht rechtskräftig)

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