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Freibetrag bei gleichzeitigem Bezug mehrerer Betriebsrenten verhältnismäßig aufzuteilen

Datum: 19.02.2020

Kurzbeschreibung:     

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen aus der Kapitalleistung einer Lebensversicherung. Im Jahr 2016 zahlte ein Lebensversicherer auf der Grundlage eines von dem Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherungsvertrages ca. 14.000 € an die Klägerin aus. Mit Wirkung ab Juli 2017 – seit diesem Zeitpunkt bezieht die Klägerin zusätzlich eine Hinterbliebenen-Betriebsrente – setzten die Kranken- und die Pflegekasse der Klägerin, die Beklagten, monatliche Beiträge aus der Kapitalleistung fest.

Die Klage vor der 6. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe hatte teilweise Erfolg.

Im Ausgangspunkt sei die Beitragserhebung zu Recht erfolgt. Die Beitragspflicht von Leistungen aus Direktversicherungen sei höchstrichterlich geklärt und die Einwände der Klägerin, die Verbebeitragung sei unverhältnismäßig und sie sei unvorhersehbar gewesen, griffen nicht durch. Teilweise begründet sei die Klage aber, soweit sie sich gegen die Erhebung von Beiträgen zur GKV für die Zeit ab dem 1. Januar 2020 richte. Da es sich bei Beitragsbescheiden um sog. Dauerverwaltungsakte handle, seien auch nach Bescheiderlass eintretende Rechtsänderungen bei der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Vorliegend sei dies die Regelung des § 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V, die seit dem 1. Januar 2020 für Renten der betrieblichen Altersvorsorge, wozu auch die Kapitalleistung zähle, einen Freibetrag von 1/20 der monatlichen Bezugsgröße vorsehe. Wie der Freibetrag zu verteilen sei, wenn ein Versicherter wie die Klägerin mehrere Betriebsrenten gleichzeitig beziehe, sei gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Daher sei die Vorschrift des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV entsprechend anzuwenden, die bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze wegen des Zusammentreffens von Einkommen aus verschiedenen Versicherungsverhältnissen die verhältnismäßige Minderung der einzelnen Einkünfte anordne. Nach diesem Maßstab sei der Freibetrag verhältnismäßig auf die beiden Betriebsrenten aufzuteilen. Aus der Kapitalleistung seien daher ab dem 1. Januar 2020 GKV-Beiträge nur noch in Höhe von 8,66 € statt wie bisher knapp 17 € geschuldet. Ob die verhältnismäßige Anrechnung des Freibetrages auf mehrere Betriebsrenten kraft Gesetzes eintrete oder einen vorherigen Antrag voraussetze, könne dahinstehen, weil die Klägerin in der mündlichen Verhandlung jedenfalls einen entsprechenden Antrag gestellt habe.

 

Urteil vom 29.01.2020 – S 6 KR 2676/18 (nicht rechtskräftig)

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