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Kein Riss der Rotatorenmanschette als Unfallfolge bei direktem Sturz/Schlag auf die Schulter

Datum: 24.02.2017

Kurzbeschreibung:   

Die 1. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe hatte in zwei Unfallversicherungs­rechtsstreitigkeiten darüber zu befinden, ob ein Riss der Rotatorenmanschette als Folge eines Arbeitsunfalls festzustellen und zu entschädigen ist: Im ersten Fall wollte der Versicherte nach seinen Angaben gegenüber den erstbehandelnden Ärzten im Rahmen seiner Tätigkeit als Hausmeister einen Müllcontainer an die Straße schieben. Dabei kam er zu Fall und stürzte bei angelegtem linken Oberarm und frei nach vorn gerichtetem Unterarm auf die linke Körperseite. Im zweiten Fall blieb der als Kfz-Sachverständiger beschäftigte Kläger während der Begutachtung eines Kfz beim Rückwärtsgehen an einem Gartenzaunpfosten hängen und stürzte auf die linke Schulter. Während dieses Vorgangs hielt er ein iPad in der linken Hand. Um dieses während des Sturzes vor einer Zerstörung zu schützen, war ihm eigenen Angaben zufolge ein Abfangen des Sturzes mit der linken Hand nicht möglich; er fiel deshalb mit voller Wucht auf die linke Schulter. Von den Ärzten veranlasste Kernspintomographien der geschädigten Schulter objektivierten jeweils einen Riss bzw. Teilriss von Sehnen der Rotatorenmanschette. Die beklagten Berufsgenossenschaften lehnten die Anerkennung dieser Gesundheitsstörung als Unfallfolge und deren Entschädigung aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ab, der jeweilige Unfallhergang sei nicht geeignet gewesen, einen Riss der Rotatorenmanschette zu bewirken.

Die deswegen zum Sozialgericht Karlsruhe erhobenen Klagen blieben erfolglos: Gestützt auf medizinische Sachverständigengutachten ist die 1. Kammer zu dem Ergebnis gekommen, dass ein direkte Anprall auf die Körperseite bzw. die Schulter ohne ein irgendwie geartetes reflexhaftes Abfangen des Sturzes mit der Hand oder dem Arm nach herrschender medizinisch-wissenschaftlicher Lehrmeinung nicht geeignet sei, eine unfallbedingte Verletzung der Rotatorenmanschette zu bewirken. Für einen traumatischen Riss der Rotatorenmanschette sei vielmehr erforderlich, dass das Schultergelenk unmittelbar vor der Einwirkung muskulär fixiert gewesen sei und zusätzlich plötzlich eine passive Bewegung hinzugekommen sein müsse, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der Supraspinatus­sehne bewirken könne. Ein solcher Unfallhergang habe jedoch nach den jeweiligen Angaben der Kläger nicht stattgefunden. Allein der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Nachweis einer Rotatorenmanschetten-Ruptur und einem Unfallereignis reiche nicht aus, die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zu begründen. Anders sei auch nicht vor dem Hintergrund zu entscheiden, dass in beiden Fällen vor dem Unfallereignis keine Beschwerden oder Behandlungsbedürftigkeit wegen Gesundheitsstörungen an der geschädigten Schulter nachgewiesen seien. Denn die Rotatorenmanschette unterliege in hohem Maße degenerativen Veränderungen und entsprechende Schäden verliefen, zumal im Alter der jeweiligen Kläger, sehr häufig klinisch stumm. Überdies seien nach den medizinischen Befunden in beiden Fällen Anhaltspunkte für anlagebedingte bzw. degenerative Vorschäden zu objektivieren. Selbst wenn das Gericht annehmen wolle, die Rotatorenmanschette sei erst bei dem Unfall vollständig rupturiert, lasse sich das Unfallereignis nicht mit Wahrscheinlichkeit als wesentliche Ursache, auch nicht im Sinne einer richtungsweisenden Verschlimmerung, feststellen. Genüge nämlich eine völlig ungeeignete Unfallursache, um einen Gesundheitsschaden zu bewirken oder zu verschlimmern, sei anzunehmen, dass ein ganz erheblicher Vorschaden bestanden habe und deshalb das Unfallereignis lediglich eine rechtlich bedeutungslos Gelegenheitsursache darstelle (Urteile vom 24.02.2017 - S 1 U 803/16 - und - S 1 U 1112/16 -).

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