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Keine unzulässige Gängelung von Arbeitsuchenden

Datum: 07.11.2016

Kurzbeschreibung:     

Nachdem der Arbeitsuchende sich geweigert hatte, eine sogenannte Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, hat das Jobcenter die speziellen Rechte und Pflichten des Arbeitsuchenden einseitig per Verwaltungsakt geregelt (sogenannter Eingliederungsverwaltungsakt). Danach sollte der Arbeitsuchende vor allem einmal wöchentlich an einem bestimmten Werktag und zu einer bestimmten Uhrzeit vorsprechen und seine Bewerbungsbemühungen nachweisen. In einem ersten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kündigte das Jobcenter gegenüber dem Sozialgericht an, diesen Eingliederungsverwaltungsakt aufheben zu wollen. Tatsächlich ist eine Aufhebung dann jedoch nicht erfolgt, sondern das Jobcenter erließ einen zweiten, abgeänderten Eingliederungsverwaltungsakt, der in Bezug auf den wöchentlichen Meldetermin unverändert war.

Das Sozialgericht hat mit einstweiliger Anordnung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt verfügt. Dies hatte zur Folge, dass die Regelungen des Eingliederungsverwaltungsaktes vorläufig nicht verbindlich waren und Verstöße gegen die Regelungen nicht sanktioniert werden konnten.

Schon formal, so die Kammer, sei das Verfahren des Jobcenters fehlerhaft, da der erste Eingliederungsverwaltungsakt nicht aufgehoben worden sei und somit zwei voneinander abweichende Eingliederungsverwaltungsakte vorlägen. Ein Eingliederungsverwaltungsakt werde nicht alleine dadurch aufgehoben oder abgeändert, dass nach Protesten des Arbeitsuchenden ein weiterer Eingliederungsverwaltungsakt mit anderen Verpflichtungen des Hilfebedürftigen ergeht. Fehle es wie vorliegend an einer Bezugnahme auf den früheren Eingliederungsverwaltungsakt bzw. einer ausdrücklichen Ersetzung oder Abänderung, lägen widersprüchliche Regelungen vor.

Zudem seien objektive Gründe für die festgelegte Pflicht, einmal wöchentlich zu einer festen Uhrzeit Bewerbungsbemühungen nachzuweisen, vom Jobcenter nicht mitgeteilt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Es sei nicht erkennbar, welches objektiv nachvollziehbare Anliegen hinter einer so kurzen Nachweisfrequenz stecke, wenn die Bewerbungsbemühungen insgesamt erfolglos geblieben seien und eine wöchentliche Beratung weder beabsichtigt sei noch sonst sinnvoll erscheine. Insoweit habe sich der Verdacht einer Gängelung aufgedrängt. Für den Nachweis von insgesamt gescheiterten Eigenbemühungen erscheine aus Sicht der Kammer eine monatsweise Meldung ausreichend. (Beschluss vom 07.11.2016 - S 4 AS 3633/16 ER - rechtskräftig)

Anmerkung: im Hauptsacheverfahren hat das Jobcenter die angegriffenen Eingliederungsverwaltungsakte inzwischen auf richterlichen Hinweis aufgehoben

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