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Marktstand als Betriebsstätte im Reisegewerbe
Datum: 03.07.2015
Kurzbeschreibung:
Die Klägerin ist seit rund 25 Jahren als Markthändlerin im Reisegewerbe mit wechselnden Standorten selbständig tätig. Wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls nahm sie für die Dauer von rund 5 ½ Monaten an einer von der beklagten Berufsgenossenschaft gewährten Belastungserprobung teil. Die Beklagte verweigerte die beantragte Erstattung von Reisekosten für Fahrten zwischen der Wohnung der Klägerin und den jeweiligen Marktorten mit der Begründung, es handle sich hierbei um Betriebsfahrten, für deren Kosten die Klägerin selbst aufzukommen habe.
Die 1. Kammer des SG Karlsruhe hat der deswegen erhobenen Klage stattgegeben: Der Begriff „Arbeits-“ oder „Betriebsstätte“ sei in den Büchern des Sozialgesetzbuchs nicht definiert, weshalb das Gericht für die Auslegung auf steuer- und geweberechtliche Regelungen zurückgreife. Steuerrechtlich begründeten transportable Marktstände, die - wie hier - täglich auf- und abgebaut würden, bei ständig wechselnden Einsatzorten (Reisegewerbe) an jeder Einsatzstelle eine Betriebsstätte des Unternehmens. Gewerberechtlich setze eine Niederlassung eine selbständige gewerbsmäßige Tätigkeit auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Einrichtung von dieser aus voraus. Das Merkmal „unbestimmte Zeit“ erfordere, dass die „feste Einrichtung“, üblicherweise der Geschäftsraum, ständig und in regelmäßiger Wiederkehr von dem Gewerbetreibenden benutzt werden müsse. Gemessen daran lasse sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - eine Niederlassung oder feste Einrichtung der Klägerin an ihrer Wohnanschrift für die Ausübung ihres Reisegewerbes nicht feststellen. Die Klägerin habe deshalb Anspruch auf Erstattung von Reisekosten in Höhe von 0,20 € für jeden im Rahmen der Belastungserprobung zurückgelegten Kilometer, d.h. sowohl für die Hin- als auch die Rückfahrten (Urteil vom 03.07.2014 - S 1 U 746/15 -, nicht rechtskräftig).