Verpflichtung der Krankenkasse zur Übernahme der Kosten von höherwertigen Inkontinenzhilfen für ein Kind
Die minderjährige Klägerin begehrt von ihrer Krankenkasse die Übernahme der Kosten für Windeln.
Die Klägerin, bei der der Pflegegrad 5 festgestellt wurde, leidet an einer bilateralen spastischen Zerebralparese mit körperlicher und geistiger Behinderung. Sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen und trägt Unterschenkelorthesen. Sie besucht eine Schule mit Internat.
Da die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung viele Medikamente einnehmen muss und daher einen hohen Flüssigkeitsbedarf hat, hat sie hohe Ausscheidungen. Die Klägerin beschaffte sich für einen längeren Zeitraum Windeln der Marke S. für ca. 1.135 €. In der Vergangenheit hatte sie auch andere günstigere Inkontinenzhilfen getestet. Bei den anderen Modellen kam es bei ihr zu offenen Wunden und Hautausschlägen, da sie nicht atmungsaktiv waren. Außerdem waren sie weniger saugfähig (z.B. jene der Marke B.), so dass bei der Klägerin viermal pro Schultag ein Windelwechsel erforderlich war. Mit den von ihr angeschafften Windeln der Marke S ist der Wechsel hingegen nur zweimal am Schultag notwendig. Der Wechsel von Windeln erforderte aufgrund des Gewichts der Klägerin und ihrer Unterschenkelorthesen einen Personalbedarf von 2 Personen für jeweils mindestens 20 Minuten. Der Kinderarzt und der Hausarzt erachteten die Versorgung der Klägerin mit den von ihr begehrten Windeln der Marke S. für notwendig. Die Beklagte übersandte den Eltern der Klägerin im Klageverfahren eine Liste mit Versorgern, die die Klägerin mit den Windeln der Marke S. ohne wirtschaftliche Aufzahlung versorgen würden. In der Vergangenheit hatten die Eltern die Windeln der Klägerin indes mit wirtschaftlicher Aufzahlung bezogen.
Die Klage auf Erstattung der Aufzahlung hatte vor der 14. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe Erfolg:
Die Kosten für die Inkontinenzhilfen seien der Klägerin gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V zu erstatten. Gemäß §§ 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 33 Abs. 1 S. 1 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich seien, um eine Behinderung auszugleichen. Die von der Klägerin beschafften Windeln der Marke S. hätten im Gegensatz zur anderen Windeln, etwa jener der Marke B., nicht nur eine erhöhte, sondern eine besonders hohe Saugleistung. Dass die Klägerin eine Windel mit hoher Saugleistung benötige, hätten sowohl die Ärzte als auch die Lehrer und die Eltern der Klägerin dem Gericht nachvollziehbar erklären können. Bei Windeln der Marke B bestehe zweimal pro Schultag ein Wechselbedarf. Jeder Windelwechsel bedeute einen enormen Personalaufwand und eine Beschränkung der Teilnahme der Klägerin am Schulunterricht. Die Beklagte sei verpflichtet, die wirtschaftliche Aufzahlung in der Vergangenheit zu erstatten. Eine Beschränkung auf Windeln der Marke B. ohne wirtschaftliche Aufzahlung genüge nicht, wenn diese Windeln als Ausgleich für die Behinderung der Klägerin – wie vorliegend – nicht ausreichten.
Urteil vom 30.10.2024 – S 14 KR 2418/21